Gruppenfoto unten: Von links nach rechts: Simon Claus (stellvertr. Schulleiter), Eckhard Kaufmann (Leiter Medien-AG/Projektleitung), Dr. Jörg Astheimer (Dozent), Bettina Kreutz (Schulsozialarbeit).
Im Frühjahr 2020 wurde der Startschuss gemeinsam zu einem umfangreichen Projekt im Bereich der Medienkompetenz von der Schulleiterin Frau Hebel-Zipper, dem Dozenten Dr. Jörg Astheimer und dem Projektorganisator, Herrn Kaufmann, für alle 250 Schüler/innen der 5. Klassen gegeben. Als Finanzierungspartner konnte die Krankenkasse AOK Hessen und auch der Wetteraukreis gewonnen werden.
Durch die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen an den Schulen in Corona-Zeiten musste das ursprünglich geplante Konzept der Workshops für die Schüler/innen komplett geändert werden. Gleichzeitig war für die Schulleitung und dem Projektleiter wichtig, dass gerade in dieser Corona-Situation, in der die Schüler/innen noch viel häufiger mit den digitalen Medien im Homeschooling arbeiten und auch in Ihrer Freizeitbeschäftigung nutzen, dieses Projekt im Bereich der Medienerziehung auch ohne der Möglichkeit des Präsenzunterrichts durchgeführt wird. Somit wurde ein Konzept entwickelt, dass sowohl in der Phase des reinen Homeschoolings als auch in der Phase des Wechselmodells umgesetzt werden konnte. Hierzu war die Unterstützung und Zusammenarbeit mit dem IT-Kollegen Hanno Schäfer notwendig, um alle technische Möglichkeiten auszuschöpfen.
Für alle Kinder des 5. Jahrgangs standen in den vergangenen Wochen Workshops zum gesunden und sicheren Umgang mit digitalen Medien auf der Tagesordnung. Eckhard Kaufmann als Leiter der Medien-AG der Kurt-Schumacher-Schule und Dr. Jörg Astheimer als Dozent haben sich dabei der Herausforderung gestellt, dass der Unterricht in dieser Zeit entweder im Homeschooling-Modus oder als Wechselunterricht mit halber Klasse möglich gewesen ist. So trat Astheimer im ersten Fall nur online mit den Kindern und Lehrer*innen der Klassen in Kontakt. Dieser Weg war noch der Leichtere. Denn während der Zeit des Wechselmodells wiederum fand der Workshop gleichzeitig in der Klasse sowie in der virtuellen Lernumgebung statt. Die Klasse vor Ort konnte sich dann Live und die Kinder zu Hause konnten sich per Video- und Text-Chat einbringen in die Workshops einbringen. In beide Richtungen vorzutragen und Gespräche zu führen gelang vor allem dadurch, dass die beiden Schulsozialarbeiterinnen Bettina Kreutz und Tatjana Schnitzer-Wagner mit im Boot waren und die Kinder im Chat betreuten.
Insgesamt war es kein leichtes Unterfangen, denn es mussten für 10 Klassen die passenden Räume und Geräte zur Verfügung stehen. Zeiten galt es aufeinander abzustimmen und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen waren zu beachten. Und auf eines musste man sich in der gesamten Zeit auf jeden Fall verlassen können: ein stabile Netzverbindung. Daher ist es umso erfreulicher, dass alle Kinder und Klassenlehrer*iinnen intensiv an den Workshops teilgenommen haben, die nur durch die finanzielle Unterstützung der AOK Hessen, des Wetteraukreises und der Kurt-Schumacher-Schule möglich gemacht wurden.
Inhaltlich standen in den Workshops die Kommunikation mit Chats und Messenger an erster Stelle. Die meisten mögen dabei vor allem an WhatsApp denken, denn für mehr als 9 von 10 Kindern der 5. Klassen stellt der Messenger trotz der Altersgrenze von 16 Jahren die wichtigste App zur Kommunikation dar. Für diejenigen, die ein Smartphone besitzen, sind Apps wie TikTok, Instagram und Snapchat genauso ein Thema wie WhatsApp. Gegenüber der überschaubaren Reichweite von WhatsApp, Signal und Co. können die Kinder und Jugendliche bswp. bei TikTok und Instagram mit “der ganzen Welt” in Verbindung treten. Sie sind im Austausch mit Fremden, die sie nur per Nickname kennen. Für die Kinder- und Teenager-Spiele wie Brawl Stars, Among Us, Roblox und Fortnite gilt das Gleiche. Daher wurde mit den Kindern auch die Frage thematisiert, welche riskanten und unangenehmen Dinge Ihnen in Chats passieren, wie sie sich selbst schützen können und von wem sie Hilfe erhalten.
Generell war zu sehen: Seit ein paar Wochen ist der Online-Unterricht für die Kinder zur Normalität geworden und auch für Kinder, die in ihrer Freizeit bisher wenig mit Online-Medien in Verbindung gekommen sind, ist es mittlerweile normal, mit den Lehrer/*innen und der Klasse virtuell im Austausch zu sein. Für alle wird dabei auch zur Normalität, dass die Lernmedien auch gleichzeitig Medien zur Kommunikation zwischen Gleichaltrigen werden. Oft verläuft das gut. Dann aber kommen auch private Anfragen, die einem zu Nahe gehen. Persönliches wird von dritten geteilt. Scherze im virtuellen Raum ("Pranks") irritieren einen. Und die eine oder der andere bekommt Nachrichten oder Anrufe von "Unbekannt" und braucht dringend Unterstützung der Eltern. Vor allem die Kontaktaufnahme durch Fremde, haben die Kinder immer wieder als Problem thematisiert. Zu Recht: Denn die Sorge davor, von fremden Erwachsenen oder Jugendlichen sexuell belästigt zu werden ("Grooming") ist berechtigt. Hier sollten Eltern den Kindern unbedingt immer unterstützend zur Seite stehen.
Erste Workshop-SerieErster Teil der Workshops
Der Unterricht verlief sehr anschaulich, denn das Thema Online-Chat wurde ja mithilfe von Video- und Text-Chat durchgeführt. Das heißsst, die Kindern konnten sich während der Workshops interaktiv im Chat einbringen. Sie waren mit den verschiedenen Funktionen selbst aktiv und sie konnten andere in der Online-Interaktion wahrnehmen. Im Unterricht erlebten die Kinder dann anschaulich, wie zum Beispiel auch Probleme in Chat reguliert werden können. Dass Chats und Messenger dabei immer auch sozialen Regeln unterliegen, damit sie funktionieren, wurde den Kindern ebenso deutlich. So kamen selbst während des Online-Unterrichts kleine Beleidigungen oder Sticheleien vor, wie sie die Kinder sonst aus ihrem Alltag in Online-Spielen oder Whatsapp-Gruppen kennen. Auch die leidvolle Erfahrung der Kinder, dass andere einen Chat mit einer Anhäufung von Buchstaben, Emojis oder Fotos “spammen” (dt. “vollmüllen”) konnten die Kinder im Rahmen des Unterrichts miterleben und dabei selbst einschätzen, ob jemand Aufmerksamkeit sucht und/oder andere zu stören versucht. Danach befragt, was die Kinder in Chats am meisten nervt stand für alle übrigens “Spam” an erster Stelle.
Selbst der Eintritt von vermeintlich Fremden im gemeinsamen Chat-Raum wurde von den Kindern stets argwöhnisch beäugt. Werden doch viele der Kinder in ihrem Alltag im Netz oft damit konfrontiert, dass Unbekannte mit Ihnen in Kontakt treten. Als sich schließlich auch jemand als "der Hacker" anmeldet und damit droht die "Daten zu klauen", schrillen bei den Kindern die Alarmglocken. Der vermeintliche Datendieb wird direkt aus dem Chat entfernt und bekommt den Auftrag, sich unter seinem richtigen Vornamen neu anzumelden. Hier wie auch in anderen Fällen, schafften es die Kinder sehr gut, mit Ratschlägen dem Dozenten Astheimer zur Seite zu stehen. Bei auftauchenden technischen Fragen, vergehen nur wenige Sekunden, bis Kinder den richtigen Tipp bieten. Selbst ein Erklärvideo, das zeigt, wie man den Log-In in die Lernumgebung meistert, wurde von den Kindern schnell produziert und anderen als Hilfestellung weitergeleitet. Angesichts eines solchen Lern-Settings fiel es vielen Kindern leicht, anderen Gleichaltrigen Ratschlägen zu geben, wie man online auf Probleme reagiert - immer mal auch mit Augenzwinkern und dem Eingeständnis, dass man selbst Online-Probleme nicht immer ideal löst. In dieser Hinsicht konnten natürlich auch diejenigen am besten bspw. über das Thema Online-Sucht berichten, die schon negative Erfahrung damit gemacht haben.
Zweiter Teil der Workshops
Aufgrund der schulischen Veränderung, dass die Schüler der Jahrgangsstufe 5 wieder in halben Klassen am Präsenzunterricht teilnehmen konnten, fand der 2. Teil der Workshops im sogenannten Hybrid-Unterricht statt.
Herr Dr. Astheimer führte diesen Teil des Workshops in Präsenz im Klassenraum mit der Hälfte der Klasse durch. Die andere Hälfte der Klasse nahm per Videokonferenz von zu Hause am Workshop teil. Die thematisierten Inhalte waren für die Schüler/innen im Klassenraum gut per Beamer an der Wand zu sehen und für die Schülergruppe zu Hause auf ihrem digitalen Endgerät. Es war interessant zu sehen, wie motiviert die Schüler/innen der Klassen waren, nach der langen Phase des Homeschoolings sich live melden zu können. Gleichzeitig waren die Schüler/innen zu Hause aktiv im Unterricht per Videokonferenz eingebunden. Dabei war die Unterstützung durch die Schulsozialarbeit wichtig. Frau Bettina Kreutz oder Frau Tatjana Schnitzer-Wagner sammelten und werteten die Beiträge der Schülerinnen und Schüler aus den Videokonferenzen am Laptop aus, wodurch für den Referenten eine gute Einbeziehung und Verzahnung der Beiträge beider Gruppen möglich war. Durch diese Einbindung der Schulsozialarbeit im Projekt können Frau Kreutz und Frau Schnitzer-Wagner bei auftretenden Problemen im späteren Schulalltag zur Thematik stärker die jeweilige Klassensituation berücksichtigen.
Der Projektleiter, Herr Kaufmann, war beeindruckt, wie der Medienwissenschaftler mit der Unterstützung der Schulsozialarbeiterinnen es schaffte, sowohl die Schüler/innen im Klassenraum als auch die zu Hause zur Mitarbeit zu motivieren und dabei eine kommunikative Austauschmöglichkeit erzeugte, als wären alle Schüler/innen im Klassenraum präsent. „Es war ein Beispiel für gelungenen Hyprid-Unterricht, wie die Schülergruppe von zu Hause mit der Schülergruppe im Klassenraum konstruktiv kommunizieren kann. Wir haben versucht im Vorfeld in Gesprächen als Zielsetzung angestrebt, aus der Notsituation des Hybrid-Unterrichts eine Chance entstehen zu lassen, die Inhalte der digitalen Medienerziehung, direkt in der Praxis durch die Gestaltung der Workshops erfahrbar zu machen“, so Herr Kaufmann.
Wichtig war, dass alle Klassenlehrer/innen an den Workshops aktiv teilgenommen haben.
Sie konnten so einen Eindruck davon gewinnen, vor welchen Herausforderungen die Kinder bei einer Nutzung von Smartphone, Tablet, Spielkonsolen und Co. stehen.
Nach dem noch folgenden 3. Teil der Workshops erhalten alle Schüler/innen ein Zertifikat im Bereich der Medienkompetenz zu den durchgeführten Inhalten. Sollten im schulischen Kontext dann problematische Situationen im Umgang z.B. mit Chatregeln auftreten, so können die Lehrer/innen und Schulsozialarbeiterinnen auf die Inhalte der Workshops zurückgreifen und verweisen.
Eckhard Kaufmann & Dr. Jörg Astheimer
Lesen hier Sie zu diesem Thema auch einen Artikel aus der Wetterauer Zeitung vom 26.05.2021.