
Interviewten Zeitzeugen des Kriegsendes: die Schüler Kara Steinert, Leone Vatamyutaweewat, Nathan Theiler und Amon Steinert von der Kurt-Schumacher-Schule. © Georgia Lori
Mit einem »Friedensfest« haben Karbener Institutionen das Ende des Zweiten Weltkriegs gefeiert. Das Jugendorchester der KSS spielte bei der Gedenkveranstaltung und vier Schüler interviewten zwei Zeitzeugen, wie diese das Ende des Krieges erlebt haben. Die Männer hatten einen Rat für die junge Generation.
Der 8. Mai 1945 markiert mit der Kapitulation Deutschlands das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. In Karben hat ein Bündnis verschiedener Gruppen und Institutionen rund um die evangelische Kirche, die Stadt und die Kurt-Schuhmacher-Schule (KSS) anlässlich des 80. Jahrestags des Kriegsendes zu einer Gedenkveranstaltung in den Karbener Friedenswald eingeladen. Das Jugendorchester Attacca begleitete die Veranstaltung mit einer musikalischen Zeitreise.
Pfarrer Eckhart Dautenheimer bezeichnete die Veranstaltung als ein Friedensfest, »weil wir das Glück haben dürfen, in Frieden leben zu können«. Erster Stadtrat Thomas Schrage (CDU) dankte den Schülern der KSS, die die beiden Zeitzeugen Udo Bieber (93) und Ernst Decher (94) aus Okarben interviewt haben. Die Schüler der Oberstufe befragten die Männer unter anderem zum Kriegsende und der Besatzung, nach besonderen Erlebnissen mit Soldaten und deren persönlicher Einordnung des Kriegsendes.
Die Familie von Bieber lebte in der Kriegszeit viel vom Tauschhandel. Für ein Laib Brot mussten 35 Pfennige gezahlt werden. Der damals 15-jährige Decher hat bei Kriegsende die ersten amerikanischen Fahrzeugverbände in Okarben ankommen sehen. Er habe sich nicht als Befreiter gefühlt, sondern vor allem als Besiegter. Die Amerikaner seien in Okarben willkommen gewesen. Dennoch habe man sie auch als Besatzer wahrgenommen. Da es viele Handwerker und Landwirte in Okarben gegeben habe, habe die Bevölkerung während des Krieges keine Not gelitten, erst nach Kriegsende. Ein Gefühl der Hoffnung habe er erst mit der Währungsreform wieder verspürt.
In Bezug auf die aktuelle politische Lage zeigen sich die Zeitzeugen besorgt über die Globalisierung, den Krieg in der Ukraine und die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Auf die Frage, was beide der jüngeren Generation mit auf den Weg geben würden, antworteten sie, dass man die Hoffnung nicht aufgeben dürfe, optimistisch bleiben sollte. Fanatiker werde es immer wieder geben.
Pfarrer im Ruhestand Werner Giesler ordnete den 8. Mai historisch ein. So habe Bundeskanzler Ludwig Erhardt 1965 festgestellt, dass man den 8. Mai als Gedenktag der Befreiung erst begehen könne, wenn Unrecht und Gewalt weltweit beendet seien. Bundespräsident Richard von Weizsäcker habe in seiner Rede 1985 den 8. Mai einen »Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft« genannt. Der 8. Mai 1945 werde nicht uneingeschränkt als ein Tag der Befreiung gesehen.
Bis heute gebe es keine Einigkeit, wie dieses Datum zu sehen und ob es zu begehen sei. Schon Bundespräsident Theodor Heuss formulierte bei der Einführung des Grundgesetzes: »Im Grunde genommen bleibt dieser 8. Mai 1945 die tragischste und fragwürdigste Paradoxie der Geschichte für jeden von uns. Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind.«
Lesen Sie den Artikel von Georgia Lori aus der Wetterauer Zeitung vom 09.05.2025 hier im Original.