Bettina Kreutz und Anette Kehrbaum, die beiden Sozialpädagoginnen an der Karbener Kurt-Schumacher-Schule, berichten dem Sozialausschuss des Stadtparlaments über ihre Arbeit an der KSS. © Niehoff
Die Schule als reinen Bildungsstandort zu betrachten, das war gestern. Heute müssen die Schüler genauso lernen, wie sie mit Konflikten umgehen, und zwar innerhalb der Schule sowie im Elternhaus. Dabei hilft ihnen an den Karbener Schulen die Schulsozialarbeit.
Zuweilen kann die Lern- und Leistungsbereitschaft von Schülerinnen und Schülern beeinträchtigt sein, weil das Klima in der Klasse schlecht ist, Schüler gemobbt werden, Liebeskummer haben oder Probleme in der Familie drücken. Dann haben es Lehrer allein schwer. Denn ihr Auftrag, Sach- und Fachkompetenz zu vermitteln und Leistungen zu bewerten, macht es schwierig, den sozialen und individuellen Problemen ihrer Schüler zu begegnen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.
Das wurde an der Kurt Schumacher Schule (KSS) Anfang der 1990er Jahre nicht nur thematisiert, sondern es wurde 1993 mit der Gründung der "schulnahen Sozialarbeit" auch versucht, Abhilfe zu schaffen. Die Diplom-Sozialpädagogin Anette Kehrbaum war die erste Schulsozialarbeiterin an der KSS, die eine Anstellung in diesem Bereich fand - wenn auch nur in einem Teilzeitjob. "Moderne Bildung darf sich nicht auf die Vermittlung von Fakten und fachlichen Fähigkeiten beschränken, sie muss auch die Sozial- und Lernkompetenzen der Schüler stärken", erläutert die Sozialpädagogin ihren Aufgabenbereich vor den Mitgliedern des städtischen Jugend- und Sozialausschusses am Mittwochabend im Karbener Bürgerzentrum.
In dieser Sitzung geht es dieses Mal nicht um das Geld, obwohl sich die Stadt Karben die Finanzierung der inzwischen vier Fachkräfte mit dem Wetteraukreis teilt, sondern um die eigentlichen Inhalte und Aufgaben der Schulsozialarbeit. Schließlich hat die Stadt diese erst vor wenigen Monaten auf die fünf Grundschulen der Stadt ausgeweitet. Die Trägerschaft für die KSS hat sie schon seit 2002 inne.
Die Aufgabenbereich an den Schulen haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert. So würden viele Eltern ihre Erziehungsaufgaben zunehmend - entweder aus Überforderung oder aber wegen Vollzeitjobs und damit aus Zeitgründen - einfach an die Schulen übertragen. Und auch die Lehrerinnen und Lehrer sind mit der neuen Aufgabe oftmals überfordert. Diese Lücke füllt die Schulsozialarbeit.
In Anspruch genommen werden die vier Schulsozialpädagoginnen von den Schülern genauso wie von deren Eltern oder den Lehrern. Die Sozialpädagoginnen, das sind Anette Kehrbaum und Bettina Kreutz an der KSS, Julia-Charlott Jackel an der Pestalozzischule in Groß-Karben und an der Selzerbachschule in Klein-Karben sowie Claudia Rolle an der Grundschule Kloppenheim, an der Lilienwaldschule in Petterweil und an der Grundschule am Römerbad in Okarben. Einerseits bieten sie individuelle Beratung an. andererseits arbeiten sie mit ganzen Klassen oder in kleineren Gruppen. In Krisenfällen kann Schulsozialarbeit unterstützen und gemeinsam mit den Beteiligten nach Lösungen suchen. Aber vor allem arbeitet sie präventiv, um Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken und Gewalt zu verringern sowie Schulbummelei und Schulverweigerung abzuwenden.
"Mit gestärkten sozialen Kompetenzen können sich die Schüler wiederum besser auf den Fachunterricht konzentrieren. Damit steigen ihre Chancen auf einen guten Schulabschluss und einen reibungslosen Berufseinstieg", berichtet Kreutz aus ihrer fast 20-jährigen Erfahrung an der KSS. Als unabhängige Personen von Schulleitung, Schulbehörde oder auch von den Eltern genießen die Sozialpädagogen das Vertrauen der Schüler und können sich außerdem die nötige Zeit für die Gefühle und Bedürfnisse der Schüler nehmen.
Ebenso organisieren sie Abende für Eltern zu Themen wie "Wie erkenne ich, dass mein Kind Drogen nimmt?", "Wie viel Fernsehen ist gesund?" oder "Wie spreche ich mit meinem Kind über Sexualität?". Hier arbeiten sie auch mit externen Fachleuten zusammen.
Weil die Schulsozialarbeit inzwischen Früchte trägt, hat der Wetteraukreis diese Arbeit auch auf die Grundschulen ausgedehnt. "Mit erfolgreicher Schulsozialarbeit kann der Kreis anschließend Gelder in der Jugendhilfe sparen", berichtet Thomas Frühauf vom Fachbereich Jugend und Soziales. Auch die beiden Sozialpädagoginnen für die Grundschulen, Jackel und Rolle, können, obwohl erst wenige Monate im Amt, von ersten Erfolgen berichten. "Es hat sich gezeigt, dass ein frühzeitiges Angebot von Schulsozialarbeit wertvolle Unterstützung im Prozess des Erwachsenwerdens sein kann und auch für alle anderen Beteiligten an der Schule positiv wirkt", urteilt Claudia Rolle abschließend.
Lesen Sie den Originalartikel von Jürgen W. Niehoff aus der Wetterauer Zeitung vom 24.05.2019 hier.