
Yuna gewinnt den Dichterwettbewerb. © Georgia Lori
Karben (geo). Offiziell ist es ein literarischer Wettbewerb, bei dem selbst verfasste Texte vorgetragen werden. Wer im Zuschauerraum sitzt, der erkennt oft performative Elemente während des Dichtens und beim Erzählen, trifft auf tiefsinnige Lyrik, witziges Storytelling oder Liebesgeschichten. In der Kurt-Schumacher-Schule in Karben erlebten die Zuhörer beim Poetry-Slam »einen wilden Ritt durch alle Themen«.
So gefiel Co-Moderatorin Lilly Mager besonders die thematische Vielfalt. Sie ist bekannt als hessische U20-Vizemeisterin im Poetry-Slam. Mit Dominik Rinkart moderierte sie die Veranstaltung mit elf Teilnehmern von der sechsten Klasse bis zur Oberstufe, darunter das Duo Fine und Naomi und die beiden Lehrer Alexander Motzko und Rebecca Gabel.
Zu den Regeln sagten die Moderatoren, dass der Text nicht aus Songtexten von Spotify oder Schulbüchern abgelesen werden dürfe, vielmehr müsse es ein eigenes Werk sein, mit exklusiven Gedanken. Requisiten seien keine erlaubt. Das Zeitlimit liege bei etwa sieben Minuten. Die Texte sollten durch Vielfalt überzeugen, die Worte das Herz berühren und Gefühle vermitteln. Gut formulierte Gedanken zu Themen, die in der Gesellschaft häufig diskutiert werden, gab es in der Tat viele zu hören.
»Für die Teilnehmer ist es ein erhebendes Gefühl, auf eine Bühne zu gehen, und erfüllt mit sehr viel Dankbarkeit«, waren sich die Moderatoren einig. Während einige auswendig vortrugen, blickten andere Vortragende auf den Text auf ihrem Smartphone oder Tablet.
Motzko hat den diesjährigen Dichterwettbewerb an der KSS organisiert, in Nachfolge für Deutschlehrerin Evi Kirchgäßner. Sie ist nach Guatemala ausgewandert. Der Lehrer für Deutsch und Ethik wollte den Schülern auch weiterhin eine Stimme geben und war neugierig auf die Vielfalt der Texte. »Im schulischen Kontext ist es das große Problem, dass man am Ende immer eine Note machen muss. Hier muss ich das nicht. Jeder kann sagen, was ihm auf dem Herzen liegt«, sagte er. Der Wettbewerb soll mindestens einmal jährlich stattfinden.
Er selbst wollte zunächst einen lustigen Text über das Blinken beim Autofahren schreiben. Daran sei er jedoch grandios gescheitert. Nun hieß sein Text »Die philosophische Methode zur Vorbereitung auf eine Klassenarbeit«. Der Witz werde sein, dass sich alles widerspreche. Vorab wurde aus den Reihen des Publikums eine fünfköpfige Jury bestimmt. Die Abstimmung durch das Publikum erfolgte über Wertetafeln der Jury mit Punkten von eins bis zehn. Die wichtigste Aufgabe bestand im Zuhören.
Der erste Text wurde von Arvid ins Mikrofon gesprochen. Für die Jury bedeutete dies, eine Eigenwertung vorzunehmen, an der sie sich für den Rest des Abends orientierte. Im Text ging es um ein Eigenheim, eine Katze und »ein Alien, das von der FDP kommt«. 40 Punkte von der Jury für den fulminanten Text.
Alex zog ChatGPT zu Hilfe, um die zehn besten Tipps für einen genialen Slam-Text in unter zehn Minuten zu finden. »Doch ich wollte was Schlaues, was Tiefes schreiben, was, von dem ihr denkt, der hat’s voll drauf.« Er sinnierte, dass der Text vielleicht längst kein Ausdruck mehr sei, sondern ein symbiotisches Triggerobjekt.
Julia trug den Text »Dilemma« vor, in dem es mit 30 Stunden nicht nur um die Begrenzung eines Teilzeitjobs geht, sondern auch um 37 Stunden pro Woche als Zehntklässler und die Aussage »Als ich in deinem Alter war«. »Schule kann ein Ort zum Wachsen sein, auch wenn es manchmal wehtut«, brachte es Rebecca Gabel auf den Punkt.
Yuna siegte mit 45 Punkten. Sie machte unter anderem darauf aufmerksam, dass in Deutschland jährlich 40 Millionen Schweine zum Verzehr getötet werden.
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