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17. September 2021

Presseartikel: Karben: Comedian Malte Anders zu Gast in Kurt-Schumacher-Schule

 

Gestenreich, pointiert, cool - Malte Anders weiß, wie er sein junges Publikum in der Karbener Kurt-Schumacher-Schule begeistern kann. © Jürgen Schenk

 

Nein, Homologie ist kein neues Schulfach an der Karbener Kurt-Schumacher-Schule. Es soll in Zukunft auch kein Ersatz für den Sexualkundeunterricht sein. Obwohl: Freuen würden sich die Schülerinnen und Schüler über eine solche Unterrichtsform ganz sicher. Und über den »Lehrer« erst recht.

M alte Anders, alias Timo Becker, ist Comedian und Theaterpädagoge. Mit seiner Ein-Mann-Show »Homologie« gastiert er an Schulen im ganzen Bundesgebiet. In dieser Woche waren gewissermaßen »Karbener Festspiele« für ihn und sein junges Publikum. Denn nach dem pandemiebedingten Ausfall 2020 sollten neben den aktuellen auch die letztjährigen 8. Klassen in den Genuss der Aufführung kommen. Schauplätze waren am Dienstag der Saal des Bürgerzentrums für alle 8. Jahrgangsstufen und am Donnerstag die KSS-Aula für die 9. Klassen. Malte Anders gastiert in diesem Jahr zum insgesamt vierten Mal in Karben.

Gag-Feuerwerk mit Autobiografischem

Das Programm fordert von dem Akteur auf der Bühne Offenheit und oft auch die Bereitschaft zur Gratwanderung. Gleichgeschlechtliche Liebe, Coming-Out und damit verbundene Beleidigungen und Diskriminierungen sind Themen, die er den pubertierenden Jugendlichen im Stile eines Stand-up-Comedians näherbringt. Wer genau aufpasste, hörte aus dem Gag-Feuerwerk immer wieder Autobiografisches heraus. Schon in der Grundschule sei er unsterblich in einen Jungen verliebt gewesen. Und grundsätzlich habe er lange vor seinem Outing mit 19 Jahren gewusst, dass er auf das gleiche Geschlecht stehe. Ob er deswegen rot werden müsse, wollte er von den Jungs in der ersten Reihe wissen. Die Art, wie Malte Anders mit dem sensiblen Thema umging, wirkte authentisch und nicht aufgezwungen.

Bettina Kreutz von der Schulsozialarbeit der Kurt-Schumacher-Schule weiß, dass Sexualität in der Pubertät über allen anderen Dingen steht. Mobbing und Intoleranz lägen aber oft nicht allzu weit entfernt, wenn jemand in diesem Alter sein Schwul- oder Lesbisch-Sein zu erkennen gibt. Gerade bei solchen Problemen könne die Schulsozialarbeit an der KSS eine Anlaufstelle bieten, ermutigte Kreutz. »Betroffene können immer zu uns kommen. In der Vergangenheit haben wir für solche Fälle auch die passenden Lösungen gefunden. Wichtig ist, dass überhaupt darüber gesprochen wird.«

Gesprochen wurde auch noch im Anschluss an die gut 50-minütige Bühnen-Show. Die Schülerinnen und Schüler bekamen die Gelegenheit, Fragen zum Thema anonym aufzuschreiben und von Malte Anders beantworten zu lassen.

Anonyme Fragen zur Homosexualität

Das dürfte für den Comedian wahrscheinlich wieder einmal der spannendste Moment gewesen sein, denn von intelligenten Fragen bis zu homophoben Beleidigungen stand schon alles auf den Zetteln. Fragen nach seiner Penislänge oder warum er einer Klasse an diesem Vormittag den Sportunterricht geklaut habe, beantwortete er schlagfertig und ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen.

Themenspezifische Dinge erläuterte er ausführlicher. Wie er selbst mit Beleidigungen umgehe, wollte zum Beispiel jemand wissen. »Ich habe damit kein Problem«, sagte Malte Anders. »Der Beleidigende hat ein Problem mit mir, das gelöst werden sollte, aber nicht immer gelöst werden kann. Prinzipiell rede ich gerne mit den Leuten darüber. Eigentlich ist es komisch, dass man sich als Schwuler im Jahr 2021 auf diesem Planeten überhaupt noch erklären muss.« Verbessern könne man an der Situation immer etwas. Wichtiger sei es aber, auf die erreichten Rechte für Homosexuelle aufzupassen, um sie nicht wieder zu verlieren. Notfalls müsse man dafür auf die Straße gehen und demonstrieren.

Die vielleicht wichtigste Frage drehte sich um das Coming-Out. Anders riet dazu, von der eigenen Homosexualität nicht gleich allen Menschen zu erzählen, sondern zunächst einmal nur einer Vertrauensperson. Man brauche jemanden, der einem unterstützend zur Seite stehe. Ob das die eigenen Eltern sein können, müsse jeder und jede für sich selbst entscheiden.

Die Schulsozialarbeit an der Kurt-Schumacher-Schule (KSS) gehört seit dem Jahr 2002 zum Fachbereich Soziales, Senioren, Jugend, Kultur und Sport der Stadt Karben. Sie bietet ein umfassendes Angebot, das die Bereiche Beratung, soziales Lernen, Prävention sowie Lebens- und Berufsorientierung abdeckt. Wer Hilfe im Schulalltag oder darüber hinaus benötigt, kann montags bis freitags von 8.30 bis 13.30 Uhr einen Termin im Altbau, Aufgang C, vereinbaren.

Im Team der Schulsozialarbeit arbeiten Bettina Kreutz und Tatjana Schnitzer-Wagner. jsl

Lesen Sie den Artikel von Jürgen Schenk aus der Wetterauer Zeitung vom 17.09.2021 hier im Original.

 

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