Einen, der es geschafft hat, kann Schulsozialarbeiterin Bettina Kreutz hier begrüßen: Samir El Hadri, der einst den Hauptschulzweig der Kurt-Schumacher-Schule besucht und dann eine Lehre als Einzelhandelskaufmann absolviert hat. (Foto: pe)
Sechser im Zeugnis, Erfolg im Job
von Holger Pegelow aus der Wetterauer Zeitung vom 11.09.2018
Er war nicht der beste Schüler und hat, wie er in großer Runde zugibt, »viel Blödsinn gemacht«. Samir El Hadri hat einst die Hauptschule an der Kurt-Schumacher-Gesamtschule (KSS) besucht. Heute sitzt er unter denen, die nach ihm gekommen sind. Zwei Hauptschulklassen der KSS absolvieren in dieser Woche ein Seminar zur Berufsorientierung und Lebensberatung. Veranstalterin ist die Schulsozialarbeit. Bettina Kreutz und Michael Langenbach haben den 29-Jährigen gebeten, zu erzählen, »wie man es doch noch schaffen kann«. Doch noch? »Ja, ich hatte fünf Sechsen im Zeugnis«, gibt der frühere KSS-Schüler zu. Seine Berufschancen mit 15: gleich null. »Ich hatte erst kein Ziel und wusste nicht, was ich machen soll«, gibt er unumwunden zu.
Aber dann hat ihm ein solches Berufsorientierungsseminar, wie es die Schulsozialarbeit seit vielen Jahren veranstaltet, weitergeholfen. Hier werden Neuntklässler darauf vorbereitet, einen Berufswunsch zu artikulieren und Bewerbertrainings zu absolvieren. Damit die Hauptschüler den Sprung in die Ausbildung schaffen, bedarf es Vorbilder, weiß die erfahrene Schulsozialarbeiterin. Deshalb hat sie heute Morgen alle 27 Schüler der beiden Klassen in der Kulturscheune zusammengerufen. Sie sollen hören, wie es Samir El Hadri geschafft hat.
Die Hauptschule an der KSS hat er bis zum Jahr 2006 besucht, wie er dieser Zeitung vor der Veranstaltung erzählt. Danach habe er bei Tegut eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann absolviert. »Das war eigentlich reiner Zufall«, sagt er. »Ein Nachbar hat mich dahin mitgenommen«, erzählt Samir El Hadri, der seit seiner Kindheit in Kloppenheim wohnt.
In großer Runde inmitten der Schüler sagt er: »Mit jedem Jahr, das ich älter geworden bin, ist der Verstand gekommen.« Er berichtet, wie er seine dreijährige Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann absolviert hat. Heute arbeitet er als stellvertretender Marktleiter bei Rewe in Offenbach. Aus eigener Erfahrung weiß er: »Auch wenn es schwer ist, bitte zieht die Ausbildung durch«, appelliert er an die Schüler. »Es braucht Willensstärke.«
Auch Bettina Kreutz erzählt von ihren eigenen Erfahrungen. »Als ich meine Ausbildung gemacht habe, habe ich mich zuerst klein und dumm gefühlt. Denn die anderen in der Bank wussten alles schon.« Aber mit der Zeit habe sie immer mehr gelernt und immer mehr gewusst. »Am Ende wusste ich mehr als die, die nur in der einen Abteilung waren. Denn ich hatte alle Abteilungen durchlaufen.« Also appelliert auch sie an die Schüler, durchzuhalten. »Hinterher fühlt man sich toll.«
Dann geht es in die große Runde. Die Schüler sollen ihren Berufswunsch äußern. Alle tun es, haben also eine Idee, was sie nach ihrem Abschluss im Sommer kommenden Jahres machen wollen. Das lässt die Teamer optimistisch schauen, denn es ist Tag zwei des Seminars. Am ersten Tag wurde in Gruppen gearbeitet: Es ging um die Stärken und Schwächen der Schüler, die Stärken sollten herausgearbeitet werden, bei den Schwächen wurde gefragt: »Was darf man sagen, was nicht?« Es ging auch um Fähigkeiten der Einzelnen und natürlich den Berufswunsch.
Der zweite Seminartag begann dann mit dem Erfahrungsbericht, ehe in Gruppenarbeit weitergemacht wurde. Hier wurden die Hauptschüler intensiv auf ihre Bewerbungsgespräche vorbereitet, die sie heute führen sollen. Dazu sind drei Firmenvertreter ins Jugendkulturzentrum gekommen und eine Vertreterin der Karbener Stadtverwaltung.
Ob dieses Seminar etwas nutzt, wird sich erst im Sommer kommenden Jahres zeigen. Aber schon jetzt gilt für die Schüler der Appell von Samir: »Ihr müsst im letzten Schuljahr nochmal mächtig Gas geben.«
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