Durch den starken Lehrermangel und die Krankheitswellen kann es Schulen schwerfallen, den Unterricht adäquat zu vertreten. Das U-Plus-Modell soll mit Praktikanten dem Problem vorbeugen. Die Karbener Kurt-Schumacher-Schule ist bereits seit zehn Jahren teil des Programms und bezeichnet sich als »Ausbildungsschule«.
Durch den starken Lehrermangel und die Krankheitswellen kann es Schulen schwerfallen, den Unterricht adäquat zu vertreten. Das U-Plus-Modell soll mit Praktikanten dem Problem vorbeugen. Die Karbener Kurt-Schumacher-Schule ist bereits seit zehn Jahren teil des Programms und bezeichnet sich als »Ausbildungsschule«.
Rund 40 000 Lehrer sollen mittlerweile an den Schulen in Deutschland fehlen. Unterrichtsausfall ist in den meisten Fällen die Folge. Doch nicht alle Schulen nehmen das klaglos hin. Beispiel: die Kurt-Schumacher Schule (KSS) in Karben mit ihren fast 1600 Schülern und 122 Lehrern. Auch an dieser Schule gibt es zwar zwei unbesetzte Stellen, doch Unterrichtsausfall gibt es deswegen noch lange nicht.
Seit mehr als zehn Jahren praktiziert die Karbener Schule bereits das U-Plus-Modell, ein gezieltes Verfahren gegen Unterrichtsausfall, wie die Lehrerin Susanne Hennig berichtet. Zusammen mit ihrem Kollegen Simon-Martin Claus versucht sie mit Vertretungskräften, darunter zurzeit auch zehn studentische Hilfskräfte, Unterrichtsausfall möglichst zu vermeiden. »Wir sind seit langem eine Ausbildungsschule und bilden zweimal im Jahr in fünfwöchigen Kursen zehn bis 15 Praktikanten aus«, berichtet Hennig.
In dieser Zeit haben eben diese Praktikanten nach Rücksprache mit dem jeweiligen Fachlehrer Gelegenheit, eine Stunde Unterricht allein zu halten. »Dabei zeigt sich sehr schnell, wer eine Veranlagung zum Lehrerberuf hat, und wer nicht«, sagt Hennig. Das erleichtere später die Auswahl bei den Bewerbungen um die Vertretungsstellen.
Denn auch wenn Not am Mann ist und Vertretungskräfte dringend gesucht würden, beschränke man sich an der Schule auf möglichst geeignete Kräfte.
Vorbereitung auf das Referendariat
Eine weitere Hürde stellt für viele das Bewerbungsverfahren dar, denn außer Führungszeugnis und Schulzeugnissen müssen auch noch Nachweise über Vorkenntnisse nachgewiesen werden, beispielsweise durch Vorlage von Studienbelegen. Allerdings würden auch Bewerbungen von Seiteneinsteigern akzeptiert.
Im Gegensatz zu den Lehramtsstudenten, die 20 Euro die Stunde verdienen, bekommen die »Seiteneinsteiger« lediglich 15 Euro. Weitere Voraussetzung für eine Einstellung als Vertretungskraft ist, dass die Person nahe bei der Schule wohnt und möglichst schnell verfügbar ist.
Eigentlich müssen alle festangestellten Lehrer drei Vertretungsstunden im Monat machen. Wenn aber eine Krankheitswelle um sich greift, dann ist dieses Polster sehr schnell aufgebraucht. Deshalb ist Hennig immer wieder froh, wenn ein Praktikant sich als besonders geeignet herausgestellt hat. »Dann versuchen wir, ihn auch gleich für ein Referendariat an unserer Schule zu gewinnen und ihn mit einer Festanstellung an unsere Schule zu locken«, sagt Hennig.
Eine dieser Kandidatinnen ist Nina Weiß aus Assenheim. Über das Praktikum, den U-Plus-Job und das Referendariat hat sie den Weg zur KSS gefunden. »Ich habe bei dem Praktikum schnell herausgefunden, dass mir der Lehrerberuf Spaß macht, und bin dabei geblieben«. Heute unterrichtet sie Mathematik und Sport.
Auf die Frage nach der Durchsetzungskraft als Vertretungslehrer bei den Schülern muss sie kurz nachdenken und erzählt dann ein Erlebnis gleich zu Beginn ihrer Vertretungszeit. Als eine Klasse wieder einmal nicht zur Ruhe finden wollte, habe sie der Klasse angeboten: »Wer keine Lust am Unterricht hat, kann rausgehen.« Dies würde sie heute nicht erneut sagen, denn plötzlich seien alle aufgestanden und rausgegangen. »Daraus habe ich gelernt«, amüsiert sie sich heute über den Zwischenfall.
Als gute Vorbereitung auf ihre Referendarzeit empfinden auch Marie Sägebarth und Mario Henrich ihre derzeitige U-Plus-Zeit. Sie studiert Bio und Physik - er Deutsch und Französisch. Auch sie haben beide ein Praktikum an der KSS absolviert. »Es ist eine sehr gute Einrichtung. Denn schon dabei kann man feststellen, ob man für den Lehrerberuf geeignet ist oder eben nicht«, sagt Sägebarth. Beispielsweise hätten zwei Kommilitonen aus ihrem Semester nach dem Praktikum das Studium gewechselt. Sie hingegen habe durch das Praktikum erst richtig Freude am Lehrerberuf gefunden. Und auch ihr Studienkollege Henrich schwört auf das Praktikum und die Vertretungsmöglichkeiten über U-Plus: »Wir müssen den Schülern in unseren Vertretungsstunden zwar auch Stoff für das jeweilige Fach präsentieren, sonst hat man keine Chance respektiert zu werden, gleichzeitig können wir aber Dinge ausprobieren, die uns später im Referendariat nutzen.« Beispielsweise der Umgang mit elektronischen Medien. »Das macht den Unterricht vielseitiger und gestaltet ihn spannender für die Kids.«
Es sei wirklich nicht der Faktor »Geld verdienen«, der sie bei der Stange hielte, sondern die Freude am Unterrichten und die Herausforderung durch die Schüler. Doch das sei nicht bei allen so. Viele Studenten seien froh über diesen Job, denn er garantiere ein schönes Zubrot während des Studiums.
U-Plus gegen den Lehrermangel | Wetterauer Zeitung 31.03.2023
U-Plus gegen den Lehrermangel | Bad Vilbeler Neue Presse 01.04.2023